Mittwoch, 22. April 2009
Medizynicus hat Gewissensbisse
Visite.
Patientin X geht heute nach Hause.
"Und, wie hat's Ihnen gefallen?"
"Eigentlich ganz gut, aber..."
"Aber was?"
"Die Schwester Jenny war immer so schlecht gelaunt."
Jenny ist eine Schwesternschülerin, eigentlich ist sie mir bislang weder positiv noch negativ aufgefallen. Sie ist halt ein wenig so eine... Wie soll ich sagen? Blondiert, gepierct, Sonnenstudiobräune und manchmal ein wenig vorlaut. Okay. Nächstes Zimmer.
Auch hier darf jemand nach Hause.
"War alles in Ordnung von unserer Seite?"
"Von Ihnen schon, Herr Doktor, aber die Schwestern... die Jenny hat uns öfters ziemlich dumm angemault!"
Als ich dann später zum dritten und zum vierten Male denselben Namen höre, werde ich hellhörig.
Aber was soll ich tun?
Die junge Dame selbst ansprechen geht leider nicht mehr, sie ist seit Anfang der Woche auf einer anderen Station.
In dieser Abteilung habe ich normalerweise nichts zu tun, und wenn ich da rübergehe und nach ihr suche oder gar sie gezielt am Telefon verlange würde das ziemlich komisch aussehen. Ich kenne sie ja eigentlich nicht und sie wird mich auch kaum kennen.
Ich könnte die Stationsleitung oder den Oberarzt drauf ansprechen.
Aber ich kenne meine Pappenheimer: Dann wird sie nämlich ruck-zuck gefeuert. Das habe ich schon einmal erlebt. Und das will ich ihr nun wirklich nicht antun, ohne sie zu kennen und ohne wissen, was los war. Ich kenne nämlich auch meine Pappenheimer unter den Patienten, wenn die sich mal auf irgendwen eingeschossen haben, geht's da manchmal ganz schön rund!
Und wer weiss, vielleicht hatte die arme Jenny nur mal einen schlechten Tag?
Sollte ich also gar nichts tun?
Darauf wirds wohl hinauslaufen.
Medizynicus ist umgezogen! Hier gehts zum Neuen Blog.

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Hm... ich bin Altenpflegeschülerin und wäre schon froh, so etwas gesagt zu bekommen, ohne das es direkt zum Chef geht... so hat sie die Gelegenheit, ihr Verhalten zu ändern... nun kenne ich ja allerdings die Jenny nicht, keine Ahnung, wie sie es auffasst...

Waren die Patienten denn alle bloß einen Tag auf Station?
Vielleicht erwischt du die Schülerin ja mal in einer Raucherpause oder so...

Gruß,
by Juli

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Hi Juli,
nee, das ging über ein paar Tage hinweg. Natürlich sind die Patienten nicht nur für einen Tag hier! Zwischenzeitlich hatte ich die Jenny (die natürlich in Wirklichkeit anders heißt!) mal zwischen Tür und Angel gesehen, konnte sie aber nicht ansprechen - und jetzt ist sie halt in einer anderen Abteilung.
Nee, dem Chef oder PDL werde ich nichts sagen, einfach weil ich die Reaktion voraussehen kann und dazu einfach über die Situation zu wenig weiss.
Raucherpause... naja, bin leider Nichtraucher...

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Naja, dann kann es wohl leider nciht nur "ein schlechter Tag" der Schülerin gewesen sein... um so wichtiger, das sie jemand darauf anspricht... aber ist natürlich blöd für dich, wo du sie so gar nicht kennst... gibt es denn keinen grund, sie mal ein bisschen auf ihrer neuen Station herumzudrücken? Vielleicht kennst du ja dort einen anderen Kollegen?

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Gibts denn keine Möglichkeit sie zu kontaktieren? Ich denke das wäre die fairste Methode, ihr eine kleine Warnung zukommen zu lassen (notfalls auch nur eine kleine Notiz)- auch im Hinblick auf ihre zukünftigen Patienten.

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na ja, das ist halt die Hierarchiestruktur in einem deutschen Krankenhaus: sie ist Schwesternschülerin, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt und für sie bin ich der Uralte, mindestens zehn (oder fünfzehn oder zwanzig) Jahre ältere Herr Doktor. Die ungeschriebene Etikette verlangt eigentlich, dass ich sie in solchen Sachen nicht direkt anspreche sondern mich an ihre Vorgesetzte wende. Nun gibt es ja unter den examinierten, also fertig ausgebildeten Krankenschwestern durchaus einige sehr vertrauenswürdige und auch hinreichend verschwiegene, die nicht direkt zur Pflegedienstleitung rennen... wahrscheinlich sollte man eine von denen ansprechen!

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Also ich hab damals in der Ausbildung gelernt das der offizielle Dienstweg bei Problemen damit anfängt denjenigen anzusprechen mit dem man ein "Problem" hat. Aber ich denke wenn du die Jenny garnicht kennst ausser dem Namen nach ist es schwer ihr dazu was zu sagen. Schaden würde es zwar nicht, aber ich hab leider auch die Erfahrung gemacht das es immer mehr Schüler gibt die mit gut gemeinter Kritik nichts anfangen können. Schade drum

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ja, wie gesagt, ich kenne die Jenny nicht. Es gibt also zwei Möglichkeiten, sie anszusprechen:
1.) versuchen, sie irgendwo abzufangen und dann: "Hast Du mal 'nen Moment Zeit? Ich möchte Dir nämlich was sagen..." - Hand aufs Herz: Wenn Dich ein Mann so anspricht, denkst Du doch, der will was ganz anderes von Dir, oder?
2.) man baut sich vor ihr auf, gibt sich möglichst förmlich: "Wenn Sie mal eine Minute Zeit haben, kommen Sie bitte mal zu mir, ich muss Ihnen etwas mitteilen!" - Da bin ich nicht unbedingt der Typ zu. Und Hand aufs Herz: würdest Du da an ihrer Stelle nicht auch erst einmal einen gehörigen Schrecken bekommen?

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Hmm okay da hast du recht. Variante 2 ist wirklich sehr förmlich. Und da würd ich auch dirket nen Kloß im Hals haben.
Und Variante 1 , hmm ooookay klingt auch irgendwie mehr nach was anderem .
Wie gesagt ich versteh voll und ganz das es schwierig ist. Aber muss man in so einem Fall nicht auch an die Kollegen und Patienten von morgen denken?

ps: Meine Güte heute muss ich aber wirklich zu allem meinen Senf dazugeben. ;-)

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Sag's ihr einfach
Ich denke, Du kannst tatsächlich einfach auf die Station gehen, nach Schülerin Jenny fragen, sie in einen Nebenraum (o.ä.) bitten, wo ihr ungestört seid, und ihr erzählen, was passiert ist.
Klar, das kostet ein bisschen Überwindung, was werden die anderen auch denken/reden, usw. Aber das ist egal, solange Du nichts mit dem Mädchen zu tun hast, kannst Du die möglichen Gerüchte von der humoristischen Seite nehmen. Freu Dich daran, dass Du so ziemlich der Einzige bist, der weiß, was das alles zu bedeuten hat.

Was für mich eher noch ein Stressfaktor sein könnte, wäre die Reaktion des Mädchens. Nicht jeder kann mit konstruktiver Kritik umgehen und manche reagieren eher zickig. Nun, dann hast Du ihr zumindest die Chance gegeben. Vielleicht versteht sie die Message, wenn Du klar machst, dass Du nicht vor hast, zur PDL zu gehen. Sie soll wissen, wie sie auf Menschen wirkt und die Gelegenheit haben, darauf Einfluss zu nehmen.

Noch mal: ich würde das nicht nebenher in einer "Rauchpause" o.ä. abhandeln, sondern sie explizit dafür aufsuchen. Die Angelegenheit ist für ihre berufliche Zukunft und auch für die Außenwirkung Eures Krankenhauses wichtig genug.

(Ich habe seit einigen Jahren Vorgesetztenfunktion und muss deshalb öfter solche Gespräche führen. Gerade auch wenn ich nicht der hierarchisch Zuständige bin, habe ich trotzdem gute Erfahrungen gemacht, wenn ich Probleme direkt anspreche, ohne auf eine "passende" Gelegenheit zu warten. Das heißt eben auch, das Problem ernst nehmen.)

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@ Krankeschwester: Wie würdest Du "es" denn am "liebsten" gesagt bekommen? (Wobei ich mal fest davon ausgehe, dass Du Dir so etwas nie wirst sagen lassen müssen! :-)))

@ungebeten: Das hört sich sehr, sehr vernünftig und plausibel an! So sollte man es machen. Auch wenn man diese Art von Verantwortung-übernehmen leider weder im Studium noch im Assistenzarzt-Alltag lernt...

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@medizynicus

Nunja ich würde "es" am liebsten so direkt und so zeitnah wie möglich gesagt bekommen. Ich habe es in meiner Ausbildung mal erlebt das ich eine Kritik die sich gewaschen hatte erst gesagt bekam als mein Einsatz schon vorbei war. Keine Möglichkeit mich zu rechtfertigen oder es besser zu machen und mich zu beweisen. Das fand ich schon extrem unfair.
Ich denke am besten wäre sowas wie : "Entschuldigen Sie bitte, wir kennen uns zwar nicht aber mir sind einige Dinge gesagt worden über die ich gerne mit ihnen reden würde." Oder so ähnlich. Besser ein kurzes Missverständnis á la 1.) versuchen, sie irgendwo abzufangen und dann: "Hast Du mal 'nen Moment Zeit? Ich möchte Dir nämlich was sagen..." - Hand aufs Herz: Wenn Dich ein Mann so anspricht, denkst Du doch, der will was ganz anderes von Dir, oder? riskieren als garnichts zu sagen.

ps: also ich warte übrigens immernoch drauf das mich mal nen netter Assistenzdoc so wie in Variante eins anspricht *lach*

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Ein Assistenzarzt-Märchenprinz auf weissem Pferd?
...oh, pass bloss auf, solche Jungs wie wir sind gefährlich! Und die allerwenigsten von uns reiten auf weissen Pferden....

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Also ein weisses Mini Cabrio tät's auch
Lach. Nein Spass. Ich wollte nur mal auf einem meiner Lieblingsklischees herumreiten :)
Ich such nämlich keinen Assistenzarzt. Oberärzte und Chefärzte nehm ich auch ;-) *kicher*

*edit*wo ich grad Mini und Cabrio schrieb... da hätt ich doch glatt beinah die Scrubs DVD's liegenlassen. :)

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@medizynicus: "Auch wenn man diese Art von Verantwortung-übernehmen leider weder im Studium noch im Assistenzarzt-Alltag lernt..." - Da hast Du leider sehr recht. Man kann Chefarzt werden, ohne solche sozialen Grundfertigkeiten gelernt haben. Die Schwestern haben wenigstens noch ihren Stationsleitungskurs ...

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ja, manchmal hat man den Eindruck, als sei soziale Kompetenz für die Chefarztkarriere eher hinderlich, aber das ist ein anderes Thema!

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weisse und knallrote Cabrios...
sag mal, im Ernst: stehen Frauen da wirklich drauf?
Ich schreib grad an meinem nächsten Buch an einer Szene, wo einTyp eine Frau unter Zuhilfenahme eines Cabrios abschleppen will. Mangels Masse hab ich das leider bislang noch nie selbst ausprobieren können....

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Nö, ich stehe nicht auf rote Autos, fahre aber seit 19 Jahren weiße (Zufall, alles gebrauchte Autos), eins davon war quasi ein Cabrio. Dieses Auto habe ich geliebt, nicht nur, weil ich damit im Sommer immer Vorfahrt hatte. Vor zwei Jahren musste ich es zum Abdecker bringen, bei schönem Wetter trauere ich ihm noch immer hinterher.

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also an sich ist mir die farbe relativ egal... okay ich geb's zu die quitschgrüne karre meiner mum die ich mit 18 leihweise fahren durfte war mir schon manches mal peinlich. Aber ich denke die meisten Mädels fahren auf Cabrios an sich ab... die Farbe dürfte da nebensache sein.
Für mich selbst ist sie es in den meisten Fällen, ich find's besser wenn ein Wagen einen gewissen Stil und Charme hat... und der ist heute meist nur bei älteren Autos zu finden.
Ich fahr schließlich ned umsonst nen Polo aus dem letzten Jahrtausend *g*

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