Mittwoch, 21. Januar 2009
Brauchen wir noch Hausärzte?
Kinder gehören zum Kinderarzt. Frauen zum Frauenarzt. Wer was am Rücken hat, geht zum Orthopäden, wer was am Auge hat zum Augenarzt.
Wozu braucht man also noch einen Hausarzt?
Der Hausarzt ist dumm, hat nichts richtiges gelernt und ist nur deshalb Hausarzt geworden, weil ihm die Weiterbildung zum Facharzt zu anstrengend war.
Punkt.
So, und hier ist schon die erste Falschaussage: Der Hausarzt ist nämlich auch Facharzt. Nämlich Facharzt für Allgemeinmedizin. Das heißt, er kennt sich mit allgemeiner Medizin aus, also sollte von allem zumindest ein bißchen Ahnung haben.
Aber wozu brauchen wir einen Doc, der von meinem Husten nur ein bißchen Ahnung hat? Ich will schließlich die bestmögliche Betreuung. Wenn ich huste, will ich zum Lungenfacharzt und zwar jetzt und heute und hier.
Was? Der nächste Lungenfacharzt ist dreißig Kilometer weit weg? Waas? Ich kriege keinen Termin?
Was?
Der Hausarzt ist da. Ganz in der Nähe, auch auf dem Land.
Und zwar auch nachts und am Wochenende. Und er kommt auch zu mir nach Hause, wenn ich zu krank bin um in die Praxis zu gehen.
Noch.
Aber wenn die Politiker und diverse Lobbyisten so weitermachen, dann vielleicht bald nicht mehr....

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Hausarzt - Schön wars mit Dir
Tja, das wars dann wohl. Seit diesem Jahr gibts ja bekanntlich einen Ausverkauf im Gesundheitswesen. Für nen Hausbesuch bekomme ich noch stattliche 14,50 Euro (brutto versteht sich). Pro Patient in der Praxis einen 30er (auch wenn er 10 Millionen-Mal kommt), ein Langzeit EKG 8 Euro, undsoweiter. Kann aber auch sein, dass ich dafür gar nix mehr kriege, wenn ich mein Budget erfüllt habe. Hausarzt ade, dieses Jahr werden 30-40 % aller Praxen dicht machen, pleite oder Rente, oder beides. (Oder bloggen auf ner Insel). Die ärztliche Basisversorgung ist nicht mehr gefährdet, keine Angst. Sie ist seit 2009 nicht mehr vorhanden. Landärzte schreiben bereits Patienten an, um ihnen nahezulegen, sich einen anderen Doktor zu suchen ... R.I.P. Hausarzt

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natürlich brauchen wir hausärzte - dieses ewige "direkt zum facharzt" - gerenne mag vielleicht angehen, wenn man schon mal dort war, die kniegelenkszyste eben eine ist und keine banale knieprellung.
aber die steuerfunktion des hausarztes sollte doch einige unsinnige facharztbesuche eindämmen. nicht jedes pickelchen ist gleich ein melanom und nicht jeder husten gleich eine tuberkulose.
aber (muss ich sagen): kinderärzte sind hausärzte. sie haben eine zwitterfunktion bei den niedergelassenen, sie rechnen übrigens auch hausärztlich ab. also: kinder und jugendliche gehören zum kinder- und jugendarzt.

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Stimme völig zu
In der Tat sind wir in Deutschland dabei, den Hausarzt abzuschaffen. Die finanzielle Basis wird ihm entzogen, das Ansehen geraubt - von den Gesundheitspolitikern und von den Gebietsärzten, den Spezialisten.

Hier in Niedersachsen, wo ich auf dem Lande praktiziere, haben sich auch die Kinderärzte in diese Phalanx eingereiht. Zumindest ihr Berufsverband hat das getan. Die AOK Niedersachsen hat einen "Hausarztvertrag" mit dem Berufsverband der niedersächsischen Kinderärzte geschlossen. Allgemeinärzte können diesem Vertrag nicht beitreten. Auch für Landärzte, nicht mal auf Inseln, gibt es eine Ausnahme.

Kinder sollen nach dem Willen des Berufsverbandes und der AOK Niedersachsen vom Kinderarzt und nicht vom Allgemeinarzt versorgt werden. Selbst Allgemeinärzte, die eine langjährige Weiterbildung in der Kinderheilkunde vorweisen, sind nicht eingeladen.

Das Pikante an diesem Vertrag zwischen Pädiatern und AOK: Die Kinderärzte erhalten Bargeld, wenn sie weniger Krankengymnastik und Sprachtherapie verordnen.

Gegen diese Verknüpfung von "Weniger Verordnen für die Patienten" mit "Mehr Geld für den Arzt" habe ich in Berlin vor zwei Jahren demonstriert und werde solchen Judaslohn nie akzeptieren.

Das Bestreben der AOK und des niedersächsischen Kinderärzteverbandes, uns Hausärzte von der Versorgung der Kinder aus zu grenzen, hat hier in meinem Dorf wenig Wirkung gezeigt.

Was sollen die Mütter denn tun, wenn der nächste Kinderarzt 24 km entfernt wohnt, es keine tauglichen öffentlichen Verkehrsmittel gibt und der Papa mit dem Auto zur Arbeit unterwegs ist?

Und am Wochenende und in der Nacht? Dann ist auch in grösseren Ortschaften kein Kinderarzt ansprechbar.

Soll dann der Allgemeinarzt zum Facharzt für schwere, dringliche oder nächtliche Erkrankungen im Kindesalter werden?

Ich habe das Thema Kinder nur als Beispiel gewählt, weil es hier angesprochen wurde. Ähnliches gilt für alle anderen medizinischen Fachrichtungen ähnlich.

Die Zusammenarbeit mit "meinen" Kinderärzten läuft problemlos - ich fürchte nur, in naher Zukunft wird das anders werden.

Die zur Zeit in Deutschland betriebene Deinstallation des Hausarztes wird die Qualität der Medizin verschlechtern und die Kosten erhöhen.

Wenn die Politik dann merkt, dass ihr Kurs falsch war, wird sie die Fakten nicht mehr ändern können. Die Ausbildung eines Hausarztes dauert 11 Jahre.

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das pikante daran...
Das meiner Ansicht nach Pikanteste Detail an der Sache ist ja, dass die Kinder auch nach Willen der Kinderärzte manchmal eben doch von Allgemeinmedizinern betreut werden sollen.
Nämlich nachts und an Wochenenden.
Fast nirgendwo gibt es rein pädiatrische Notdienste, fast überall klinken sich die Pädiater in den ganz normalen KV-Notdienst ein. Und der wird in der Regel überwiegend von Allgemeinmedizinern betrieben.
Also:
Einerseits wird da gross argumentiert und behaupet, die Allgemeinmediziner seien zu blöd um Kinder zu behandeln - aber wenn die Herren und Damen Kinderärzten dann doch lieber ihre (durchaus verdiente!) Nacht- oder Wochenendruhe haben wollen, sind die Hausärzte doch gut genug.

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