Sonntag, 10. August 2008
Schlaganfall oder doch nicht? Oder: Hausärzte sind gar nicht so dumm!
medizynicus, 03:51h
Notarzteinsatz.
Nachts um halb eins, Verdacht auf Schlaganfall.
Wir Rotjacken stehen vor der Wohnungstür.
Auf unser Klopfen hören wir von drinnen eine Stimme:
"Ich kann doch nicht aufmachen, ich bin doch gelähmt!"
Was machen wir jetzt? Tür eintreten? Dürfen wir das überhaupt? Müssen wir jetzt die Polizei holen.
Dann geht unten die Haustür und jemand stürmt die Treppen hoch: der Hausarzt.
Er schiebt uns unsanft zur Seite.
"Laßt mich mal machen!"
Mit einem geübtem Ruck öffnet er die Wohnungstür.
"Die ist nie abgeschlossen!" sagt er mit einem Seitenblick zu uns bevor er sich dem Patienten zuwendet.
"Was ist los? Machst Du wieder alle Welt verrückt? Sei bloß ruhig und geh gefälligst ins Bett!"
Der Hausarzt dreht sich wieder um.
"Das macht der immer so. Der hat nichts. Ist nur besoffen!"
Er packt seine Tasche und verschwindet ohne ein weiteres Wort wieder im Treppenhaus.
Wir sind ratlos.
Ich trete zum Patienten.
"Tuts irgendwo weh?"
Er schüttelt den Kopf.
"Können Sie das rechte Bein bewegen?"
"Geht nicht...."
"Und das linke?"
Kein Problem.
Was sollen wir tun? Ich bin nicht bereit, auf die Drei-Sekunden-Blickdiagnose des Hausarztes hin einen Apoplex auszuschliessen, auch wenn er offensichtlich betrunken ist.
Der Patient ist bereit, ins Krankenhaus mitzukommen.
Wir wollen ihn auf die Trage schnallen, aber er winkt ab, besteht darauf, selbst hinunter zum Wagen zu gehen, kann jetzt merkwürdigerweise wieder gehen, wenn auch ein bißchen schwankend.
Im Krankenhaus angekommen ist von Halbseitenlähmung nichts mehr zu spüren. Allerdings hat er eine lange und beiendruckende Krankengeschichte, hatte mal einen Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen (bekanntes VHF mit TAA für die Mediziner unter den Lesern - Marcumar ist ihm mal verordnet worden, nimmt er aber nicht und natürlich ist er Alkoholiker).
Am nächsten Morgen - inzwischen wieder nüchtern - will er wieder heim und geht auf eigene Verantwortung.
Hatte der Hausatzt nicht doch recht gehabt?
neues Arzt-Blog von Medizynicus
Nachts um halb eins, Verdacht auf Schlaganfall.
Wir Rotjacken stehen vor der Wohnungstür.
Auf unser Klopfen hören wir von drinnen eine Stimme:
"Ich kann doch nicht aufmachen, ich bin doch gelähmt!"
Was machen wir jetzt? Tür eintreten? Dürfen wir das überhaupt? Müssen wir jetzt die Polizei holen.
Dann geht unten die Haustür und jemand stürmt die Treppen hoch: der Hausarzt.
Er schiebt uns unsanft zur Seite.
"Laßt mich mal machen!"
Mit einem geübtem Ruck öffnet er die Wohnungstür.
"Die ist nie abgeschlossen!" sagt er mit einem Seitenblick zu uns bevor er sich dem Patienten zuwendet.
"Was ist los? Machst Du wieder alle Welt verrückt? Sei bloß ruhig und geh gefälligst ins Bett!"
Der Hausarzt dreht sich wieder um.
"Das macht der immer so. Der hat nichts. Ist nur besoffen!"
Er packt seine Tasche und verschwindet ohne ein weiteres Wort wieder im Treppenhaus.
Wir sind ratlos.
Ich trete zum Patienten.
"Tuts irgendwo weh?"
Er schüttelt den Kopf.
"Können Sie das rechte Bein bewegen?"
"Geht nicht...."
"Und das linke?"
Kein Problem.
Was sollen wir tun? Ich bin nicht bereit, auf die Drei-Sekunden-Blickdiagnose des Hausarztes hin einen Apoplex auszuschliessen, auch wenn er offensichtlich betrunken ist.
Der Patient ist bereit, ins Krankenhaus mitzukommen.
Wir wollen ihn auf die Trage schnallen, aber er winkt ab, besteht darauf, selbst hinunter zum Wagen zu gehen, kann jetzt merkwürdigerweise wieder gehen, wenn auch ein bißchen schwankend.
Im Krankenhaus angekommen ist von Halbseitenlähmung nichts mehr zu spüren. Allerdings hat er eine lange und beiendruckende Krankengeschichte, hatte mal einen Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen (bekanntes VHF mit TAA für die Mediziner unter den Lesern - Marcumar ist ihm mal verordnet worden, nimmt er aber nicht und natürlich ist er Alkoholiker).
Am nächsten Morgen - inzwischen wieder nüchtern - will er wieder heim und geht auf eigene Verantwortung.
Hatte der Hausatzt nicht doch recht gehabt?
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frau blogonese,
Sonntag, 10. August 2008, 05:35
Wenn ich das so lese..
Das ist der genau der Grund warum ich sowas mir nie zutrauen würde.. Man muß ja doch in Sekunden Entscheidungen treffen die für ein Menschenleben wichtig sind. Wahrscheinlich geht man da auch irgendwann nach Bauchgefühl; ich hätte jedenfalls nicht anders gehandelt.
Erscheint jedenfalls aufregend (ich meine der Beruf an sich, nichts für schwache Nerven..)
Bitte mehr Geschichten davon..
Das ist der genau der Grund warum ich sowas mir nie zutrauen würde.. Man muß ja doch in Sekunden Entscheidungen treffen die für ein Menschenleben wichtig sind. Wahrscheinlich geht man da auch irgendwann nach Bauchgefühl; ich hätte jedenfalls nicht anders gehandelt.
Erscheint jedenfalls aufregend (ich meine der Beruf an sich, nichts für schwache Nerven..)
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pille,
Sonntag, 10. August 2008, 11:56
hehehe!
Immer, wenn mir der A**** auf Grundeis ging, wollte ich einen Weisskittel um mich haben. Zu Tode saufen - ja, aber wirklich in die Kiste hüpfen - nein! Daher zuerst mal in die Klinik. Bevor der Entzug aber einsetzt, wieder rasch nach Hause zu Hausbar und Kühlschrank! Sonst wird´s heavy! Das verstehen aber nur Süchtige, diese Widersinnigkeit.
edit:
Gruß an den Hausarzt! Der versteht offenbar was von Sucht, gibt sich nicht mehr her für den "Krisenklau" und gäbe so dem Betreffenden die Chance, seinen Tiefpunkt zu erleben ohne den m.E. eine Veränderung nicht möglich ist.
Immer, wenn mir der A**** auf Grundeis ging, wollte ich einen Weisskittel um mich haben. Zu Tode saufen - ja, aber wirklich in die Kiste hüpfen - nein! Daher zuerst mal in die Klinik. Bevor der Entzug aber einsetzt, wieder rasch nach Hause zu Hausbar und Kühlschrank! Sonst wird´s heavy! Das verstehen aber nur Süchtige, diese Widersinnigkeit.
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Gruß an den Hausarzt! Der versteht offenbar was von Sucht, gibt sich nicht mehr her für den "Krisenklau" und gäbe so dem Betreffenden die Chance, seinen Tiefpunkt zu erleben ohne den m.E. eine Veränderung nicht möglich ist.
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