Freitag, 12. Oktober 2007
Dienst und Delirium
Dienst. Anruf nachts um halb eins.
„Der Herr X auf Zimmer 104 macht mir Sorgen...“
„Warum?“
„Er ist so unruhig...“
„Aha“
„...ich meine, er ist vorhin aufgestanden und im Zimmer auf und ab gegangen...“
„Aha“
„...dabei hat er eine Schenkelhalsfraktur und soll Montag operiert werden.“
„Hmmmmm“
„...und hat mir erzählt, er sei vorhin durchs Fenster hier eingestiegen...“
„Ach nee!“
„...und sein Bettnachbar sei ein Einbrecher!“
„Nee?“
„Naja, ich weiß ja nicht, aber ich habe das Gefühl, der rutscht da irgendwo rein....“
Du meinst wohl Alkholentzugsdelir?
„Warum?“
„...Eigentlich hat er ja Bettruhe. Aber jetzt hat er seine Tasche gepackt....“
„Hm.“
„...Wer weiß, ob der nicht auf dem selben Weg wieder abhaun will!“
„Ach?“
„...Du weißt ja, wir sind im zweiten Stock...“
„Kann man das Fenster öffnen?“
„Ja, und er liegt direkt am Fenster im letzten Zimmer ganz hinten am Flur...“
„Könnt Ihr ihn nicht zur Beobachtung ins Arztzimmer legen?“
„Da liegt schon wer. Und das Fenster können wir nicht verriegeln...“
„Könnt Ihr ihm nicht einfach eine Flasche Bier geben?“
„Haben wir nicht, wir sind schließlich ein Krankenhaus und keine Kneipe!“
„Und eine Tranxilium?“
„Ist Okay!“
Einmal rumdrehen und weiterschlafen... oder zumindest versuchen.
Eine Viertelstunde später der nächste Anruf.
„...Der Herr X ist immer noch so unruhig...“
„Gib ihm noch eine Tranxillium!“
„Ist Okay!“
Im Viertelstundentakt geht es weiter.
Um eins bequemeich mich, mal vorbei zu schaun.
„Okay, legt ihn runter auf die Wache!“
Die sind nicht unbedingt begeistert....
„Jetzt sagt er, er hat genug Tabletten genommen und will keine mehr nehmen!“
Ich gehe rauf.
Fixieren....
„Wir sehen uns vor Gericht!“ sagt er und rüttelt an seinen Fesseln.
Also dann doch mal lieber den Chef anrufen...
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