Donnerstag, 28. Mai 2009
Medizynicus denkt nach...
..ob sich sein Job nicht wegrationalisieren lassen könnte.
Was macht er denn eigentlich den ganzen Tag?
Blut abnehmen, das könnten eigentlich auch die Schwestern machen.
Bei den Besprechungen gähnend dazusitzen und dem Chef zuzuhören... da gibts doch bestimmt billigere Statisten.
Und die Visite? Überflüssig.
Händeschütteln kann auch die Putzfrau und unleserliche Sachen in die Patientenakte schreiben kann die auch.
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Montag, 25. Mai 2009
unsere Probleme mit Sucht und Süchtigen
Die Diskussion um die Sache mit der Nachbarin hat mich nachdenklich gemacht.
Es ist richtig: Wie viele ander Kollegen auch habe ich ein Problem mit Drogenabhängigen. Und auch mit Menschen, die an Alkoholkrankheit leiden. Und das drücke ich ganz bewusst so kompliziert aus, denn Sucht ist eine Krankheit.
Süchtige sind unangenehme Menschen.
Sie sind fordernd, laut, aggressiv undundankbar. Nicht alle, aber Viele.
Für einen Süchtigen steht das Verlangen nach der Droge an erster Stelle, und dafür würde er im Extremfall buchstäblich über Leichen gehen.
Das deckt sich nicht unbedingt mit meinen Interessen.
Ich akzeptiere, dass sie krank sind und Hilfe brauchen.
Aber wenn sie von mir Hilfe erwarten, dann bin ich es, der aufgrund seines Fachwissens und seiner Erfahrung entscheidet, welcher Art diese Hilfe sein soll.
Es liegt an dem Patienten, diese Hilfe anzunehmenoder nicht. Und wenn nicht... dann glaube ich fest an das Recht eines jeden Menschen, für sich selbst dumme Entscheidungen treffen zu dürftn und zu tun und lassen,was er will.
Sofern er mich dabei in Ruhe läßt. Und niemanden sonst schädigt. Und die Kosten selber trägt. Und jede Art von Verantwortung auch.
Übrigens habe ich das Thema ja schon mehrfach in diesem Blog angesprochen, zum Beispiel:

Dienst und Delirium

warum wir bestimmte Patienten nicht mögen

Wie ich eine Patientin nach einer erfolglosen Entgiftung rausgeschmissen habe

Die Sache mit dem Gratisdealer
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Ein Herz für Blogs: Der Andere Hausarzt

Der Andere Hausarzt íst nach eigenen Angaben "ein medizinisch orientiertes Weblog, das seine Besucher informieren, aufklären und unterhalten will". Dahinter verbirgt sich der Hausarzt Wolf-Peter Weinert aus Bad Bevensen, welcher dort nicht nur eine Praxis betreibt, sondern nebenbei auch noch Marathon läuft und Bücher schreibt. Es geht um unter Anderem um Krebs, um Alkoholprobleme, um die gesundheitsfördernde Wirkung von Sport und Bewegung und manchmal auch um Standespolitik. Und nebenbei ab und zu gibt es Glossen über den fiktiven "Dr. Kunze". Ein schönes Blog, in dem man sich gerne festlesen kann.
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Samstag, 23. Mai 2009
Die Sache mit der Nachbarin (Teil 4)
Die Sache geht in die nächste Runde.

Gestern Nachmittag habe ich mit dem Hausarzt telefoniert. Eigentlich ging es um einen anderen Patienten, aber dann... beschließe ich doch, ihn auf die Sache anzusprechen, schließlich habe ich mir längst schon viel zu viele Gedanken darüber gemacht um da alles jetzt auf sich beruhen zu lassen.

Ich druckse ein wenig herum.

"...da wäre noch etwas. Meine Nachbarin..."

"...Ach, Sie meinen die Frau X.? Ja, die hat mir schon von Ihnen erzählt."

"Sie hat versucht, abhängig machende Beruhigungsmittel, Benozdiazepine von mir zu bekommen."

"Weiß ich."

"Ich habe ihr selbstverständlich keine gebeben."

"Weiß ich doch."

"Ich vermute, sie ist abhängig."

"Aber natürlich. Schon seit über zwanzig Jahren."

"Und... könnte man vielleicht... ich meine, haben Sie sie schon einmal auf einen Entzug angesprochen?"

"Selbstverständlich."

"Und?"

"Will sie nicht."

"Und was machen Sie?"

"Ich verschreibe ihr die Tabletten. Schon seit über zehn Jahren."

"Aber sie versucht, noch mehr zu bekommen..."

"Weiß ich. Angeblich Rezept verloren, Tabletten gestohlen, Anrufe aus der Apotheke oder nachts im Notdienst... alles schon gehabt."

"Und Sie spielen mit?"

"Nachts oder an Wochenenden lasse ich mich von ihr nicht mehr herausklingeln. Das weiß sie inzwischen. Aber wenn sie zu mir in die Sprechstunde kommt, verschreibe ich ihr, was sie braucht."

"Und Sie haben nicht versucht, die Menge zu begrenzen und vielleicht langsam zu reduzieren?"

"Das funktioniert bei der nicht."

"Haben sie es denn noch nie versucht?"

"Warum sollte ich? Wenn ich das tu, dann geht sie zu dem nächsten Kollegen nebenan. Dann bin ich die Patientin los. Und dann spricht sie vielleicht noch böse über mich und ich verliere noch mehrere Patienten. Also gebe ich ihr, was sie will. Auch wenn ich weiß, daß sie abhängig ist."

Der Hausarzt bedankt sich und legt auf. Und ich bin einen Moment lang wieder einmal ziemlich durcheinander.
zum Anfang der Geschichte
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