Montag, 22. September 2008
Warum wir bestimmte Patienten nicht mögen!
oder: Wer nett ist, lebt länger
Es gibt Patienten, die mögen wir nicht. Leider gibt es da eine positive Korrelation zu bestimmten Krankheitsbildern:
Patienten mit Suchtkrankheiten zum Beispiel (das Thema Alkohol und Alkoholabhängigkeit habe ich hier ja schon mehrmals besprochen.) Oder Leute mit gewissen Persönlichkeitsstörungen.
Diese Patienten haben eines gemeinsam:
Sie verlangen sehr viel von uns, sind dabei unfreundlich und am Ende sind wir mit den Nerven fertig und ihnen geht es nicht besser.
Wir haben uns - im Schlimmsten Fall - den Arsch aufgerissen, haben Zeit und Kraft investiert und am Ende hat es niemandem etwas gebracht.
Es gibt Patienten, für die reissen wir uns gerne den Arsch auf und wenn unsere Bemühungen dann erfolglos sind, dann sind wir traurig oder machen uns sogar Vorwürfe.
Bei diesen Patienten, um die es hier geht sind wir anschließend nur ausgelaugt. Und vielleicht noch etwas wütend.
Aber traurig sind wir nicht.
Unser Mitgefühl, unsere Empathie ist längst den Bach runter gegangen.
Ich weiß, es ist nicht politisch korrekt, so etwas zuzugeben.
Es ist nicht politisch korrekt, daß ein Arzt zugibt, seine Patienten - oder einige seiner Patienten nicht zu mögen.
Von uns wird erwartet, Gutes zu tun: Leben retten und so.
Hier in Deutschland erwartet man noch mehr: Man erwartet, daß wir Ärzte alles tun, was irgendwie möglich ist: Ob es in dieser entsprechenden Situation angebracht ist, ob der zu betreibende Aufwand in irgndeinem sinnvollen Verhältnis zum zu erwartenden Nutzen steht, interessiert niemanden.
Alles, was getan werden kann, soll, muss getan werden.
Aber unsere Kräfte sind begrenzt.
Wir sind keine Götter, auch keine Halbgötter, wir sind Menschen, die müde sind, wenn sie vierzehn Stunden am stück auf den Beinen waren.
Rationierung im Gesundheitssystem ist ein böses Wort. Ein Politiker, der dieses Wort in den Mund nimmt, verliert unter Garantie die nächste Wahl.
Aber ich will meine begrenzte Zeit und meine begrenzten Kräfte so gut wie möglich einsetzen und zwar bevorzugt da, wo es auch etwas bringt:
Wenn ich die Wahl habe, in derselben Zeit entweder drei Leute mit akutem Herzinfarkt zu versorgen oder mich mit einem besoffenen Alkie (ich weiss, das Wort ist nicht politisch korrekt, aber das ist mir heute mal egal!) herumzuärgern, dann werde ich Ersteres wählen.
Man wird von uns erwarten, Beides zu tun: Erst die drei Herzinfarkt-Patienten und dann der Alkie.
Aber glaubt mir, Leute, vielleicht sind wir nach den drei Herzinfarkt-Patienten mit unseren Kräften auch mal am Ende. Vielleicht können wir dann einfach nicht mehr!
Wir helfen zunächst einmal denen, die gesund werden möchten.
Also denen, die wirklich daran interessiert sind, gesund werden zu wollen und auch bereit sind, selbst Verantwortung zu übernehmen. Wenn jemand trotz dreier Herzinfarkte immer noch seine vierzig Zigaretten am Tag raucht, ist mein Mitgefühl beim vierten Herzinfarkt auch nicht mehr ganz so groß.
Auf der anderen Seite: Ein Alkoholiker, welcher es geschafft hat, sich am Riemen zu reißen und eine Entwöhnungsbehandlung nicht nur angetreten sondern auch erfolgreich abgeschlossen hat (dazu muss man aktiv mitmachen!), trocken bleibt und anschliessend vielleicht noch in einer Selbsthilfegruppe mitmacht und andere Alkoholiker motiviert, trocken zu bleiben - der verdient meinen höchsten Respekt.
Und wenn jemand widerholt demonstriert, dass alles scheissegal ist, dann ist dieser Patient mir auch irgendwann einmal scheissegal.
In Amerika - wo das Verklagen von Ärzten inzwischen zum Volkssport geworden ist - gibt es ein Sprichwort: Gute Ärzte werden genauso oft verklagt wie schlechte Ärzte - aber nette Ärzte stehen deutlich seltener vor dem Kadi.
Und um den Spieß mal umzudrehen:
Es gibt kranke und es gibt schwerkranke Patienten.
Aber nette Patienten haben eine deutlich höhere Überlebenschance.
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Freitag, 12. September 2008
DRG-Verschlüsselung... als ob wir sonst nichts zu tun hätten
Heute gefunden bei DocBlog:

"Es gibt einige Dinge, die ich nicht kann, wahrscheinlich niemals können werde und auch einige, die ich eigentlich gar nicht so dringend können möchte. Weil es genügend Leute gibt, die dafür deutlich besser ausgebildet und qualifiziert (von bezahlt gar nicht erst zu reden) sind.
Dazu gehört meine tägliche persönliche DRG-Hölle, in der ich mich täglich nach Dienstschluß wiederfinde."

Ich kapiere es nicht.
Die Verwaltung will, dass die Kodierung "richtig" in ihrem Sinne gemacht wird.
Das heisst, daß sich jemand Zeit dafür nehmen muss und Arbeit da rein steckt... also sollte man jemanden dafür motivieren.
Aber das was die da tun, das hat mit Motivieren nicht viel zu tun: Einfach nur Druck machen... und den Druck über Chef und OA auf uns Assis weitergeben.
Na gut, dann rotze ich die Sachen halt so irgendwie hin, und zwar so, dass es für mich der geringste Aufwand ist.
Irgendne Nummer gefunden, und fertig (mit der Zeit kriegt man schon raus, wie man das machen muss damit man die Akten nicht postwendend wieder um die Ohren gehauen kriegt).
Wir haben ja schliesslich auch noch andere Sachen zu tun!
Was die nicht kapieren: Würden sie einen Controller (oder auch nur eine Sekretärin mit entsprechender Weiterbildung) einstellen, dann kostet das natürlich zunächst einmal Geld, aber das haben die ruckzuck dreimal raus, wenn dieser Controller alle relevanten Ziffern da "rauskitzelt"!
Die Alternative (auch schon gehört): Sie zahlen mir jedes Mal zehn Prozent von den viertausend Euro, die ich für die Klinik extra reinhole...
Dann können wir mal drüber reden :-)

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Mittwoch, 10. September 2008
Ist Rauchen Körperverletzung?
gefunden bei PharMama:

"...Ein paar Beispiele (und ich hätte gerne Eure Gedanken dazu):

1. Die Mutter eines jungen Kindes mit heftigem Asthma raucht in ihrem Auto und Zuhause. Das Kind wurde schon häufiger wegen der heftigen Asthmaschübe ausgelöst durch das Rauchen der Mutter ins Spital eingeliefert.
Ist das eine Form von Kindesmissbrauch?

2. Die Angestellte einer Bar entwickelt Lungenkrebs von einem Typ, der klar mit Rauchen in Zusammenhang gebracht wird. Sie arbeitete 25 Jahre in der verrauchten Bar, hat aber nie selbst geraucht.
Ist ihr Arbeitgeber zur Rechenschaft zu ziehen, dass er sie wissentlich dem Passivrauchen ausgesetzt hat? Hat sie eventuell ein Recht auf Schadenersatz?

3. Es gibt starke Hinweise darauf, dass auch Passivrauch bei Menschen, die vorbelastet sind eine akute Cardiovaskuläre Erkrankung auslösen kann, so wie Herzanfälle und Infarkte. Ein Raucher bläst einem älteren Mann Rauch ins Gesicht, nachdem dieser verlangt hat, dass er in seiner Umgebung nicht raucht. Der ältere Mann erleidet sofort einen Herzinfarkt und stirbt.
Ist das Totschlag?

Das ist eine heisse Angelegenheit, das ist mir schon bewusst. Ich gebe auch nicht vor alle Antworten zu haben."

siehe: http://www.pharmama.ch
http://www.haloscan.com/tb/pharmama/rw_unique_entry_id_178_page0
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